Samstag, 12. März 2011

Regionale Besonderheiten

Es gibt an der Texas A&M University eine regionale Gruppe der Fulbright Association, die aus ehemaligen amerikanischen Fulbrightern besteht und sich dafür einsetzt, den derzeitigen, hier lebenden Austauschstudenten in Texas die Region näher ein wenig zu bringen. Dazu organisieren und finanzieren sie regelmäßig Veranstaltungen, an denen wir teilnehmen können. Dazu meine Eindrücke zu drei Veranstaltungen, die im Februar und März stattfanden:
Zuerst haben wir die traditionelle Cowboyhut-Manufaktur Bryan Catalena Hattery besucht. Diese fertigt Hüte noch nach alter Vorgehensweise für jeden Kunden individuell an. Dabei wird das Material - Kaninchen- oder Biberleder - gereinigt, behandelt, entfusselt und unter Dampf zu einer Grundform verarbeitet, aus der dann die jeweils gewünschte Hutform (ca. 20 verschiedene Designs) produziert wird. Wenn der zukünftige Besitzer den Hut abholt, wird er noch auf die individuellen Kopfmaße des Kunden angepasst, so dass er perfekt sitzt und auch bei Sonne und Wind Schutz bietet. Die Preise beginnen bei $180 und gehen bis knapp $1.000 für reine Biberlederhüte. Die Bryan Catalena Hattery ist übrigens die einzige in Texas, die als Service auch benutzte Hüte reinigt (Kosten: $65).
Hutanprobe darf natürlich nicht fehlen - dieser war allerdings eine Massenware
Nach dem Besuch der Hattery schauten wir in dem Brazos African-American Museum vorbei, wo wir von einem Gospel-Chor begrüßt wurden und einen Einblick in die Geschichte der schwarzen Bevölkerung in Brazos County bekamen. Texas war eines der letzten Staaten, in denen die Sklaverei aufgehoben wurde. Im Jahre 1860 gab es im Brazos County 1.721 Weiße und 1.055 Sklaven (38% der Bevölkerung). In vielen benachbarten Counties stellten die Sklaven sogar die Mehrheit der Bevölkerung. In den Jahren nach der Befreiung ging es darum, den Übergang von Leibeigenschaft in ein freies Leben zu gestalten, was nicht immer gewalt- und störungsfrei verlief. In diesem Zeitraum wurde auch eine lokale Gruppe des Khu-Kux-Klans gegründet, die für einige Anschläge auf Schwarze verantwortlich gemacht wird. Von der Bundesregierung initiiert kamen in den Anfängen sogenannte "Freedmen´s Bureau Agents" in die Region, um den Prozess zu begleiten. In einigen Regionen wurde auch die militärische Präsenz erhöht. Dadurch sind viele Schwarze in ihrer Heimat geblieben, allerdings sammelten sie sich in bestimmten Gebieten, in denen sie dann die Mehrheit darstellten (sog. Black Majority Counties). 1885 wurde in Bryan die erste "Public School for Colored" gegründet. Von da aus ging die Integration weiter in die Universitäten und die Armee. Schwarze wurden Landbesitzer, Unternehmer und Politiker, wenn auch nur langsam. Der vollständige Gleichstellungsprozess zog sich - wie in den gesamten USA - bis zur Verabschiedung des "Civil Rights Act" im Jahre 1964, da sich 10 Südstaaten (darunter auch Texas) weigerten, die von der Bundesregierung verabschiedeten Richtlinien zur Gleichstellung in ihre Verfassung aufzunehmen.  Heute sind im Brazos County 10.9% der Menschen afroamerikanischer Herkunft, was leicht unter dem US-Durchschnitt von 12% liegt. In den persönlichen Gesprächen sind sie sehr stolz auf das Erreichte und sind der Auffassung, dass Diskriminierung nur noch sehr selten ist. Am meisten freut sie allerdings, dass mit Barack Obama nun einer von ihnen im Weißen Haus sitzt!
Ein weiteres Highlight der Fulbright-Veranstaltungs-Reihe war der Besuch der Houston Rodeo-Show. Per Bus ging es nach Houston in das Reliant Stadium, wo ich letztes Jahr schon mal war. Allerdings hatten wir es damals nicht geschafft, den Rummel rundherum zu erleben. Houston Rodeo hat sehr viele Ähnlichkeiten mit einem klassischen Volksfest. Es geht über zwei Wochen, überall gibt es Buden mit Essen, Karussells und Achterbahnen und Bier gehört zur Grundausstattung. Vom offiziellen Programm haben wir uns einen Hirtenhund-Wettbewerb angeschaut, wo ein Hund eine Herde Schafe über einen Parcours leiten muss. Darüber hinaus konnten wir Rinder aller Art inspizieren und kaufen. Nach einer guten Runde über die Festival-Fläche gingen wir dann ins Stadion zur eigentlichen Rodeo-Show. Die meisten Disziplinen habe ich vom letzten Jahr wiedererkannt. Es war jedoch wieder einmal ein unverkennbares Erlebnis zu sehen, wie amerikanische Cowboys sich dabei messen, länger auf einem Bullen sitzenzubleiben. Auch die Disziplin, wo 18-jährige Schüler ein Stipendium gewinnen können, wenn sie ein Kalb mit der bloßen Hand fangen und dann mit einer Leine in einen Mittelkreis führen, war schon lustig. Das anschließende Konzert rundete den Tag bestens ab, bevor es wieder zurück nach College Station ging.
 Ein Hirtenhund treibt drei Schafe über einen Parcours
 Ein mächtiger Longhorn-Bulle
Ein Cowboy fliegt vom Bullen beim Bull Ridin´
 Nach jeder Rodeo-Show gibt es ein Konzert
Blick vom Stadion auf das Festtags-Gelände

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