Montag, 28. März 2011

Case Competitions in Amerika

Wer an einer amerikanischen Universität studiert, trifft früher oder später auf ein Phänomen, das sich quer durch die gesamte Gesellschaft zieht: die Faszination für Wettbewerbe. Die USA ist ein Land, das den Wettbewerb als übergeordnete Triebfeder quasi zur Perfektion getrieben hat. Das beginnt schon in der High School, wo Schüler sich in unzähligen Disziplinen mit anderen Schulen messen und setzt sich fort an den Universitäten und später im Job. Egal, ob Musik, Sport, Naturwissenschaften - für alles gibt es Wettbewerbe mit reger Beteiligung!
Diese Erkenntnis gilt ganz besonders für Business Schools. Wer hier studiert, der sollte sich diese Erfahrung nicht entgehen lassen, sondern sich für eine der zahlreichen "Case Competitions" anmelden. Ich selbst habe an insgesamt drei Wettbewerben teilgenommen! Beim ersten Wettbewerb (März 2010) hat mein damaliges Team nicht so gut abgeschnitten. Da sind wir bereits in der ersten Runde ausgeschieden, was eine große Enttäuschung war. Besser lief es allerdings im Oktober 2010, wo meine zwei Teamkollegen und ich gegen 17 andere Teams den ersten Platz belegten. Dieser Erfolg qualifizierte uns für eine überregionale Runde in Bloomington, Indiana, die im März 2011 stattfand und an der 11 Universitäten aus den gesamten USA teilnahmen.
In diesem dritten Wettbewerb begann die Vorbereitung eine Woche vor der Präsentation. Es war eine Fallstudie zum Thema IT-Strategie, deren Lösung wir in einer 20-minütigen Präsentation zuzüglich 10 Minuten Fragen & Antworten darstellen sollen. Von Sonntag bis Mittwoch Abend haben wir also mehrere Nächte lang an unserer Lösung und Präsentation gefeilt, bevor es am Donnerstag nach Bloomington ging. Dort wurden wir in einem Hotel untergebracht und haben am gleichen Abend noch einen "Twist" bekommen, d.h. eine kleine Änderung zum Fall, die wir bis zum nächsten Tag in die Präsentation mit einbauen mussten.
Am Freitag gab es zwei Runden an Präsentationen, eine am Vormittag und eine am Nachmittag. Zum Mittag bekamen wir die Bestätigung, dass wir es in die finale Runde am Nachmittag geschafft haben. Aufgrund des Loses präsentierten wir als letztes und dachten eigentlich, dass es nicht so prickelnd lief, da die Jury einen deutlich müden Eindruck gemacht hat. Dieser subjektive Eindruck hat sich allerdings als vollkommen falsch erwiesen, denn am Abend bei der Preiseverleihung erfuhren wir, dass wir den 1. Platz belegt haben. Nach dieser ereignisreichen Woche stand dann nur noch Feiern an, bevor wir am Samstag wieder nach College Station aufgebrochen sind.
Beim Feiern nach Beendigung des Wettbewerbes
Resüme und Tipps
Auch wenn meine "Case Competition-Laufbahn" mit einem vorzeitigem Aus begann, hat es am Ende doch noch für zwei Erfolge gereicht. Ich habe aus allen drei Teilnahmen eine Menge gelernt. Hier sind einige dieser Erfahrungen:
1. Praktische Vorbereitung auf das Berufsleben: Wer von den Berufstätigen kennt das nicht? Ein (potenzieller) Kunde ruft an und hat ein dringendes Problem. In zwei Tagen muss er eine Präsentation vor dem Vorstand halten und benötigt schnell eine Lösung. Im alltäglichen Leben passiert es sehr oft, das man kurzfristig reagieren muss. Diese Case Competitions simulieren genau solch eine Situation, in der man unter Zeitdruck von der Problemdefinition, -analyse bis hin zur Lösungspräsentation alles liefern muss. Also: auch wer nicht gleich den ersten Platz belegt, sollte trotzdem mitmachen und dies als Erfahrung zum Üben mitnehmen!
2. Von den Anderen lernen: Gerade wenn man in den ersten Wettbewerben zeitig ausscheidet, sollte man die Gelegenheit nutzen und sich in andere Vorträge setzen. Die Lernerfahrung ist so groß, dass man viel mitnehmen kann für zukünftige Wettbewerbe oder das eigene Berufsleben.
3. Präsentation ist wichtig: Auch wenn man es oftmals nicht wahrhaben will, ist die Art und Weise der Lösungskommunikation von entscheidender Bedeutung. Ich habe erlebt, dass viele Teams mit ähnlichen Lösungsansätzen aufwarteten, aber einfach nicht strukturiert, organisiert und vor allem motiviert genug die wichtigsten Punkte rübergebracht haben (das traf auch auf auch mich zu). Am Tag der Präsentation zählt allerdings eher diese Seite, um ein Publikum zu überzeugen. Meine Empfehlung ist, mindestens 1/3 der Zeit allein für diesen Teil einzuplanen.
4. Gutes Team: Die Zusammensetzung des Teams ist eine wichtige strategische Entscheidung, die entscheidenden Einfluss auf den Erfolg hat. Gute Zusammenarbeit ist dabei ebenso wichtig, wie die Möglichkeit, herausfordernde Diskussionen zu führen. In meinem ersten Team hat vor allem letztere Komponente gefehlt, wodurch wir nur einen Teil des Spektrums abgedeckt und einige Schwachstellen nicht aufgespürt haben. Das fiel uns dann in der Präsentation vor dir Füße. Es ist schwierig, allgemeine Hinweise zu geben. Es sollte allerdings das Gefühl vorhanden sein, dass man sich persönlich und fachlich sinnvoll ergänzt und sich dabei auf den anderen verlassen kann. Darüber hinaus sollten starke Präsentationsfähigkeiten vorhanden sein.
5. Kontakte knüpfen: Die meisten Juroren sind Vertreter von namhaften Consultingfirmen, die diese Gelegenheit auch als Recruiting-Veranstaltung nutzen. Speziell beim vor- und nachgelagerten Empfängen kann man sehr gut in Kontakt kommen. So habe ich viele interessante Gespräche geführt. Auf der anderen Seite macht es ebenso Spaß, sich mit Studenten des gleichen Fachs aus den gesamten USA zu treffen und damit auch mal über den Tellerrand der eigenen Universität hinauszuschauen.
6. Ruhe bewahren: "In der Ruhe liegt die Kraft" ist nicht nur eine leere Phrase für mich, sondern hat entscheidenden Einfluss auf den Erfolg. Ich weiß von einem anderen Team, das bis zum Einreichungsschluss um 6:00 Uhr früh noch an der finalen Präsentation gearbeitet hat. Entsprechend übermüdet kamen sie am Morgen an. Wir haben um ca. 1 Uhr nachts unsere Präsentation fertiggestellt und sind dann ins Bett. Am nächsten Morgen nach einem ausgiebigem Frühstück habe ich mich dann richtig wohlgefühlt, als ich "endlich" vor die Jury treten konnte.
Mein internationales Team: Efesa (Nigeria) und Subhankar (Indien)

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