Dienstag, 6. November 2012

Finanzierung eines Vollstudiums in den USA

In diesem Artikel möchte ich ein Thema besprechen, das einen erheblichen Einfluss auf den Erfolg eines US-Studienaufenthaltes hat, aber nach meiner Erfahrung nicht immer korrekt behandelt wird: Die Finanzierung. Als Zielgruppe spreche ich all diejenigen an, die ein aktives Interesse an einem Studium in den USA haben und bereit sind, dafür einigen Aufwand zu investieren. Man muss nicht unbedingt reiche Verwandte haben, um sich diesen Traum zu erfüllen. Unabdingbar ist aber eine gehörige Portion Einsatzwille und ein paar Grundtechniken im Bereich Selbstvermarktung.
Die Finanzierung eines Studiums in den USA ist auf den ersten Blick eine große Herausforderung, die in vielen Fällen aber lösbar ist. Extrembeispiele, wie Studiengebühren von über 50.000 Dollar pro Semester bei Harvard University plus Lebenshaltungskosten, die für Miete, Bücher und Essen reichen müssen, klingen auf den ersten Blick ziemlich abschreckend. Jedoch ist dies nur eine Seite der Realität. Denn: Viele Studenten bezahlen diesen Betrag gar nicht!
Es gibt eine Menge Möglichkeiten, sein eigenes Budget zu begrenzen oder durch das Ausnutzen unterschiedlichster Einnahmequellen massiv zu erweitern. Stellschrauben dabei sind die Wahl der richtigen Universität, Stipendien, Studentenjobs, steuerliche Vergünstigungen, staatliche abgesicherte Studentenkredite und vieles mehr.

Auswahl der Uni
Die teuersten Unis sind meist privat, womit sich größtenteils die erhöhten Studiengebühren erklären lassen. Allerdings haben diese auch die reichhaltigsten Angebot an Stipendien oder sozialen Vergünstigungen, da sich dort viele wohlhabende Privatpersonen oder Unternehmen engagieren. Die staatlichen Unis liegen meist bis zu 50% unter den Kosten von privaten Unis, sind aber in der Qualität der Lehre nicht unbedingt schlechter, da die fehlenden privaten Einnahmen durch staatliche Zuschüsse gedeckt werden. Beispiele für renommierte Staatliche Unis sind die University of California in Berkeley, die University of Michigan in Ann Harbor oder die University of Texas in Austin.
Mit der Uni-Wahl geht auch die Entscheidung nach dem Standort einher. Auch hier existieren es Gestaltungsspielräume auf der Kostenseite. Auf der einen Seite gibt es die großen Metropolen, wie New York, Boston oder San Francisco, die natürlich sehr aufregend sind, wo allerdings allein die Miete bei über $1.000 liegen kann. Wer eine günstigere Variante sucht, sollte sich Unis in so-genannten College Towns anschauen. Dies sind meist mittelgroße Städte (100.000 - 300.000 Einwohner), die allein für die Universität gebaut wurden. Dies hat mehrere Vorteile: Das Leben ist dort recht günstig, da es nicht in einem Ballungsraum liegt. Weiterhin ist das gesamte Leben auf die Bedürfnisse von Studenten ausgerichtet, das heißt alle Shops, Restaurants und andere Freizeitangebote haben maßgeschneiderte Angebote zu erschwinglichen Preisen. Nachteil ist meist die etwas abgelegenere Lage. Beispiele für solche College Towns sind Ann Arbor mit der University of Michigan (1 Stunde von Detroit), La Fayette mit der Purdue University (1 h von Indianapolis), Blacksburg (Virginia Tech, 3 h von Charlotte), Indiana University in Bloomington (1 Stunde von Indianapolis) oder die Texas A&M University in College Station (1,5 h von Houston).

Stipendien
Was hierzulande meist nur einer kleinen Minderheit vergönnt ist, gehört in den USA für nahezu ein Drittel der Studenten zum Standardprogramm. Stipendien gibt es quasi für jede erdenkliche (Minderheits-)Gruppe und Leistungskategorie: Frauen, Hispanics, Schwarze, Amerikanische Ureinwohner, aber auch allgemein Internationale Studenten verbunden mit guten Leistungen in der Schule/Uni und sozialem Engagement. Ein weiteres Beispiel sind Sportstipendien, die vergeben werden, wenn man für die Universität an Sportwettkämpfen teilnimmt. Allein 2011 wurden weit über 500,000 solcher Stipendien im gesamten Land vergeben (Quelle: ScholarshipStats.com). Es lohnt sich also einschlägige Stipendienwebseiten zu durchstöbern und zu schauen, ob es Stipendien für den eigenen Hintergrund gibt. Darüber hinaus gibt es unzählige private Stiftungen und Unternehmen, die spezielle Förderprogramme je nach Fachrichtung und Universität anbieten.
Für den Interessierten aus Deutschland sind vor allem zwei Hauptquellen aufzusuchen: (1) Die spezifischen Angebote der anvisierten Gastuniversität, und (2) Programme, die sich speziell dem transatlantischen Studentenaustausch verschrieben haben.
Zu ersterem lohnt es sich, zeitnah Kontakt mit der Universität aufzunehmen und sich für potentielle Stipendien zu bewerben. In den meisten Fällen geht dies mit automatisch mit der regulären Bewerbung (Admission) einher, das heißt je nach Qualität des Kandidaten unterbreiten die Universitäten unterschiedliche Angebote, bei denen die Studiengebühren um einen gewissen Betrag reduziert werden. Je besser man überzeugt, desto höher kann dieser Rabatt ausfallen.
Ein weitere Möglichkeit der für Stipendien bestehen bei einschlägigen Stiftungen, wie zum Beispiel dem DAAD, der Deutschen Studienstiftung oder Fulbright. Aus eigener Erfahrung kann ich das Fulbright-Programm hervorheben, welches ein komplettes Paket inklusive Studiengebühren, Lebenshaltungskosten, Krankenversicherung und Reisekosten zur Verfügung stellt.
Zu guter letzt können auch individuelle Partnerschaften zwischen einer deutschen und amerikanischen Universität interessant sein. In den meisten Fällen ist darin ein gegenseitiger Verzicht auf die Studiengebühren vereinbart. Allerdings erlauben nicht alle Angebote den Erwerb eines akademischen Grades in den USA, sondern umfassen nur einzelne Semesteraufenthalte.

Studentenjobs
Wenn die Einnahmequelle Stipendien erschöpft ist, gibt es weitere Gelegenheiten, neben dem Studium Geld zu verdienen. Allerdings muss man hier die rechtlichen Grenzen kennen, denn die beiden Studentenvisa J-1 und F-1 erlauben das Arbeiten nur direkt an der Universität. Das heißt, normale Aushilfsjobs außerhalb der Universität, beispielsweise im Restaurant, sind nicht erlaubt. Dafür bieten die meisten Universitäten eine weite Bandbreite an Jobs an. Neben gewöhnlich-universitären Jobs, wie eine Assistenzstelle bei einem Professor, Bibliotheksaufsicht oder IT-Support, gibt es weitere Tätigkeitsfelder, wie zum Beispiel als Betreuer im Sportzentrum, Kameramann beim Campus-eigenen TV-Kanal oder Busfahrer beim universitätseigenen Fuhrpark.
Gewöhnlich bieten die Universitäten dabei recht attraktive Vergütungspakete an. Darin enthalten sind nicht nur der reine Lohn, sondern auch Beiträge für die Krankenversicherung und eine gewisse Anzahl von Kursen pro Semester beitragsfrei. An meiner Universität, der Texas A&M University, gab es für einen Job mit 20h pro Woche $800 Gehalt, die Krankenversicherung und 9 Credit Hours beitragsfrei, was drei Kursen entspricht. Damit kann man auf jeden Fall ganz gut durchs Studium kommen. Allerdings werden solche Jobs immer recht kurzfristig vergeben oder man sollte jemanden kennen, was heißt, dass diese Option eher für später geeignet ist, z. B. ab dem zweiten Jahr.

Kredite und Steuerliche Vergünstigungen
Auch Kredite können helfen, dem Ziel eines Vollstudiums in den USA näher zu kommen. Allerdings muss man hier auf die Details achten, denn zwischen den Angeboten aus Deutschland und den USA gibt es große Unterschiede. Generell gibt es in den USA eine große Bandbreite an Angeboten mit günstigen Zinsen und relevanten Höhen. Die meisten Banken verlangen jedoch einen amerikanischen Bürgen, so dass diese Option nur sehr schwer umsetzbar ist.
In Deutschland ist die Angebotspalette recht schmal. Kredite für ein komplettes Studium im Ausland ohne gleichzeitige Einschreibung an einer deutschen Hochschule gibt es weder bei den großen Privatbanken noch vom Staat. Einzige Ausnahme ist der Bildungskredit der KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau), den es mit recht fairen Konditionen gibt: der Zinssatz richtet sich nach dem EZB-Leitzins, es gibt eine Karenzzeit und die Mindestrate zur Rückzahlung danach beträgt nur 120 EUR pro Monat. Des weiteren ist eine Sondertilgung jederzeit ohne Zusatzkosten möglich. Der Haken allerdings ist, dass dieser Kredit ein oberstes Limit von 7.200 EUR hat, womit man keine großen Sprünge machen kann.
Des weiteren gibt es die Möglichkeit der steuerlichen Absetzbarkeit von Studienkosten. Laut einem Urteil des Bundesfinanzhof (BFH) vom 17. August 2011 gilt dies für jegliche studienrelevanten Aufwendungen bis zu vier Jahre rückwirkend (keine Rechtsberatung!). Dieser Punkt mag zwar keine aktuelle Liquidität erzeugen, sollte aber bei der Überlegung für oder gegen ein solches Vorhaben mit berücksichtigt werden.

Zusammenfassung
Zusammenfassend gilt: Eine einzige Finanzierungsquelle wird nicht ausreichen, aber eine Kombination aus mehreren kann den Traum eines Komplettstudiums in den USA verwirklichen. Wer mit dem Gedanken spielt, sollte mit einer Vorlaufzeit von 1,5 Jahren rangehen, da viele Bewerbungen von Stipendien ein Jahr vorher eingereicht werden müssen. Wer es geschafft hat, kann sich einreihen zu den anderen ca. 9.500 Deutschen, die jährlich in den USA studieren (Quelle: Open Doors Report 2011, International Institute of Education).