Dienstag, 24. Mai 2011

New Orleans: Feiern in einer gezeichneten Stadt

Um die freie Zeit zwischen Frühlings- und Sommer-Semester zu überbrücken, bin ich zusammen mit einem Kommilitonen nach New Orleans gefahren. Ich hatte schon viel über dieses Stadt gehört, vor allem über die Auswirkungen von Hurricane Katrina, dem französischen Kolonialstil und der sehr liberalen Gesetzgebung hinsichtlich Ausgehen und Alkohol.
Schon auf dem Weg von Houston entlang des I-10 wurde deutlich, dass Louisiana eine völlig andere Welt ist als Texas. Anstatt trockener Steppe kilometerlange Fluss- und Sumpflandschaften und anstelle von standardisierten Einkaufsmeilen eine auffällig hohe Zahl an alter Industrie- und Kolonialarchitektur. Auch der Akzent, der sogenannte Cajun, hörte sich anders an, als wir ein Stück hinter der texanischen Staatsgrenze einen kleinen Snack bestellten. Die Fahrt von Houston nach New Orleans dauert ca. 5 1/2 Stunden mit ca. 1-stündigen Etappen von Houston nach Beaumont, dann bis Lake Charles, Lafayette, Baton Rouge, und letztendlich New Orleans. Ab Lafayette führte der I-10 größtenteils auf Stelen über die weite Mississippi-Delta-Landschaft. Diese Konstruktionen waren wirklich beeindruckend. Trotz des derzeit herrschenden Hochwassers war die Straße noch perfekt befahrbar.
Interstate I-10 mitten durch das Mississippi-Delta, allerdings mit etwas höherem Wasserpegel
Brücke über den Atchafalaya-Rivers zwischen Lafayette und Baton Rouge
In New Orleans angekommen sind wir gleich ins Zentrum, dem French Quarter, gefahren. Das French Quarter ist eine richtige Altstadt in französischer Kolonialarchitektur. Die zentrale Straße, die Bourbon Street, ist wahrscheinlich die Partymeile des Südens schlechthin. Für die USA sonst untypisch ist in New Orleans das Trinken von Alkohol auf der Straße erlaubt und es gibt auch keine nächtliche Sperrstunde. Nach den restriktiven Erfahrungen aus den anderen Bundesstaaten (außer Nevada) war das eine willkommene Abwechslung. Eine weitere Kommilitonin wohnt derzeit in New Orleans und damit hatten wir auch unseren "Tourguide". Das "typische" Getränk in New Orleans ist der Hand Grenade (zu Deutsch: Handgranate), ein Cocktail mit geheimer Rezeptur, den man allerdings mit Vorsicht genießen sollte, da der ganz schön reinhaut. Ansonsten war Bourbon Street bereits um 19 Uhr voller Leute. Ob das an den Ferien liegt oder das immer so ist, kann ich aber nicht genau sagen!
Altstadtansicht I: Ein kleiner Künstlermarkt
Altstadtansicht II: Der Typ in dem weißen Anzug harrte in dieser Pose regungslos fast den ganzen Abend aus
Im Business District mit der traditionellen Straßenbahn
Bourbon Street, Samstag 19 Uhr
Am nächsten Morgen sind wir eine Runde durch andere Viertel von New Orleans gefahren, unter anderem Ninth Ward, einer Region, die durch den Hurricane Katrina sehr in Mitleidenschaft gezogen worden ist. Der Hurricane war ein ziemlich einschneidendes Ereignis für die Stadt. Hatte New Orleans im Sommer 2005 noch 450.000 Einwohner, halbierte sich diese Zahl nach dem Hurricane und bis heute sind mindestens 100.000 Menschen nicht zurückgekehrt. Während der Katastrophe wurde die gesamte Stadt zwangsevakuiert, u.a. nach Houston. Heute ist sie größtenteils wieder aufgebaut mit Ausnahme einiger ärmerer Viertel mit Auswirkungen auf andere Investition, zum Beispiel Straßen. Der Aufbau hat anscheinend so viele Ressourcen gekostet, dass für die Straßen kein Geld mehr übrig war, was das Autofahren zur Tortur macht!
Typische Nachbarschafts-Szenerie nahe New Orleans
Bis in die 20er Jahre hinein war New Orleans die zweitgrößte Stadt in den USA und hatte weitreichenden überregionalen Einfluss. Diese Zeiten scheinen allerdings vorbei zu sein. New Orleans hat derzeit die höchste Mordrate im Land und 23% der Menschen leben unterhalb der Armutsgrenze (U.S. Census). Ein weiteres Problem ist die Lage. Die Stadt liegt unterhalb des Meeresspiegels liegt und ist daher immer anfällig für Fluten aller Art. Dies wurde vor allem während Katrina deutlich, wo es drei Monate dauerte, bis die Stadt nach der Überschwemmung wieder leergepumpt war. Während unseres Besuches verhinderten die Behörden das Anschwellen des Mississippi-Flusses durch gezieltes Überfluten von umliegenden Dörfern anstelle der Städte Baton Rouge und New Orleans. Diese Strategie ist größtenteils aufgegangen. Allerdings haben einige Menschen in den Dörfern dadurch ihre Häuser verloren.
Überflutete Gebiete in Louisiana, fotografiert vom I-10 aus zwischen Baton Rouge und Lafayette
Das Wasser reichte stellenweise fast bis an die Straße
Die farbig unterlegten Gebiete wurden kontrolliert durch das Öffnen der Tore am "Morganza Spillway" geflutet. Die Ballungsgebiete New Orleans und Baton Rouge waren daher nicht betroffen. Auch der I-10 war aufgrund der erhöhten Bauweise durchgehend befahrbar!
Auf der anderen Seite ist New Orleans aber auch eine kulturell sehr vielfältige Stadt. Sie gilt als Wiege des Jazz und jedes Jahre zieht das weltbekannte Festival "Mardi Gras" im März tausende Menschen an. Auch der französische Einfluss ist nicht zu übersehen. Counties heißen in Louisiana Parishes (von franz. paroisse = Gemeinde) und viele der Gesetze haben Napoleonische Wurzeln. New Orleans ist auch demographisch gesehen eher untypisch für die USA mit 60% Schwarzen, 30% Weißen, nur 5% Hispanics und 5% andere Ethnien. Wirtschaftlich ist New Orleans ein wichtiger Standort für die Offshore-Erdölförderung mit einen großen Hafen. Allerdings hat Houston am Golf von Mexiko mittlerweile einen größeren Einfluss, was die Ölindustrie und den Hafen angeht.

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